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Wie kann Bewusstseinskultur dabei helfen, einen Umgang mit der Conditio Humana zu finden?

Eine existentialistische perspektive

Übersetzt von Patrick Wentorp, editiert von Marvin Däumichen

Dieser Beitrag war eine Einreichung für den uniMIND Blog Post Award 2020.

“Der Mensch ist entweder Opfer seines Schicksals oder Meister seiner Bestimmung.”

– Herbert Spencer

Das Konzept der Bewusstseinskultur1 hat in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erregt. Dieser Blogbeitrag konzentriert sich auf die Anwendung und den möglichen Nutzen einiger Schlüsselelemente des Konzepts, sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft. Um diesen praktischen Ansatz so klar und verständlich wie möglich zu formulieren, werde ich nicht allzu ausführlich auf den theoretischen Hintergrund eingehen. Stattdessen will ich mich darauf konzentrieren, inwiefern Bewusstseinskultur relevant für den durchschnittlichen – mit den existenziellen Bedingungen konfrontierten – Menschen ist.

Ich werde zeigen, dass Bewusstseinskultur von allen, die die Qualität ihrer eigenen Bewusstseinszustände positiv beeinflussen möchten, effektiv anwendbar ist.

Bewusstseinskultur lässt sich mithilfe von drei Schritten definieren, welche das Herzstück dieses Blogposts bilden:

  1. Bewertung der Qualität von (eigenen) Bewusstseinszuständen,
  2. Entscheidung darüber, welche Zustände wertvoll sind, und
  3. Kultivierung dieser wertvollen Zustände.

Sobald ich die existenzielle Perspektive erklärt habe, werde ich diese drei Schritte näher erläutern. Abschließend werde ich auf die Herausforderungen und Problematiken von Bewusstseinskultur eingehen und einen kurzen Ausblick auf einige der möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen dieses Konzepts geben.

Bewusstseinskultur Aus Der Existentiellen Perspektive

Die existentielle Perspektive beschäftigt sich mit der conditio humana, dem Zustand, in dem alle Menschen leben. Diese Perspektive bezieht sich nicht so sehr auf die Kultur oder das politische System, in dem Individuen existieren. Stattdessen betont sie die existenziellen Grundlagen, die das Leben eines jeden Menschen kennzeichnen. Unabhängig von Staat, Religion, Kultur und anderen Faktoren, die weltweit unterschiedlich vorkommen.
Existentialisten fragen: Was bleibt übrig, wenn man diese Faktoren nicht beachtet? Was sind die Konstanten des menschlichen Lebens?

Einige der existentialistischen Antworten sind: Jeder ist mit seiner Sterblichkeit konfrontiert. Die Unausweichlichkeit des Todes ändert sich nicht in verschiedenen Regionen der Erde. Im Angesicht der Endlichkeit des Lebens, versucht jeder Mensch, sein Leben mit Sinn zu füllen. Jeder sucht nach Dingen, die das Leben sinnvoll und lebenswert machen.
Dabei kann jeder Mensch erkennen, dass es notwendig ist, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Ohne ein gewisses Engagement, das eigene Leben zu bestimmen, neigt der Mensch dazu, sich von äußeren Faktoren kontrollieren zu lassen oder gar in der eigenen Opferrolle zu versinken.

Dies sind einige der Schlüsselelemente der conditio humana: Sterblichkeit, Sinn, Verantwortung. Aber was ist die Verbindung zwischen Bewusstseinskultur und der conditio humana?
Die kurze Antwort lautet: Bewusstsein. Während wir leben, mit unserer Sterblichkeit konfrontiert sind, nach Sinn suchen und Verantwortung übernehmen, sind wir uns auch unserer selbst bewusst.

Der Mensch hat nicht nur eine subjektive Erfahrung als solche, er hat auch die Fähigkeit, über seine Erfahrung zu reflektieren. Diese Reflexion ermöglicht es uns Urteile zu fällen. Zum Beispiel können wir entscheiden, von welchen Erfahrungen wir mehr haben und welche Erfahrungen wir in Zukunft vermeiden wollen.

Mit einem etwas technischeren Vokabular lassen sich Erfahrungen auch als eine Reihe von Bewusstseinszuständen beschreiben. Zu jedem Zeitpunkt ist ein bestimmter Bewusstseinszustand präsent. Die Aneinanderreihung dieser Zustände bildet, was wir als unser Leben erfahren.
Es ist plausibel anzunehmen, dass jeder Mensch Zustände kennt, die er gegenüber anderen Zuständen bevorzugt. Jeder Mensch erfährt im Laufe seines Lebens Bewusstseinszustände, die er als vorteilhaft und wertvoll erachtet, aber auch solche, die er als weniger wertvoll oder gar destruktiv empfindet.

Betrachten wir dies noch näher. Aus welchen Aspekten setzt sich ein Bewusstseinszustand zusammen?
Sehr vereinfacht kann man sagen, dass es mindestens drei Bestandteile eines Bewusstseinszustandes gibt, nämlich Gedanken, Gefühle und Verhalten. Zustände können stärkere oder schwächere, positive oder negative Emotionen, mehr oder weniger Gedanken und aktiveres oder passiveres Verhalten beinhalten (das passivste Verhalten könnte der Tiefschlaf sein).

Die Bestandteile eines Bewusstseinszustands sind wichtig, um zu verstehen, wie ein Zustand entsteht und wie er verändert werden kann. Schließlich soll gezeigt werden, wie die Praxis der Bewusstseinskultur dabei helfen kann, mit der conditio humana umzugehen. Durch die Kontrolle und ggf. Veränderung der eigenen Gedanken, Emotionen und Handlungen kann die Qualität eines Bewusstseinszustandes verändert und im besten Fall verbessert werden.

Doch was ist ein wertvoller Bewusstseinszustand eigentlich?

Die Qualität von Bewusstseinszuständen wird von verschiedenen Personen unterschiedlich bewertet. Ich glaube aber, wie Prof. Dr. Thomas Metzinger, dass es Zustände geben könnte, die zumindest für die Mehrheit der Menschen wertvoll sein können. Dies ist eine Prämisse des Konzepts Bewusstseinskultur, welche sicherlich auch kritisiert werden kann, wie zum Beispiel von Prof. Dr. Sascha Fink.2

Bei einer Untersuchung, was diese wertvollen Zustände charakterisiert und wie sie willentlich herbeigeführt werden können, soll die Freiheit der Wahl nicht geleugnet werden. In der Tat mag jeder seine eigenen Kriterien dafür aufstellen, was ein wertvoller Zustand ist. Ich schlage vor, dass jedes Individuum die Freiheit haben sollte, die Zustände zu erleben, die es erleben möchte, sofern es dabei nicht anderen Individuen schadet (mit Ausnahme der Selbstverteidigung, um Schaden zu verhindern, der einem selbst zugefügt wird). Dies mag vertraut klingen und ist natürlich eine Interpretation der Goldenen Regel.3

Metzinger schlägt drei Kriterien vor, um zu bestimmen, was ein guter Bewusstseinszustand ist. Der Zustand sollte:4,5

  1. Leiden minimieren,
  2. einen epistemischen Wert haben, und
  3. die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von anderen wertvolleren Zuständen erhöhen.

Ich finde diesen Vorschlag recht ansprechend, allerdings könnte es auch Zustände geben, die diesen Kriterien nicht entsprechen und trotzdem von bestimmten Individuen als wertvoll angesehen werden.

Anstatt die Kriterien dafür zu untersuchen, was ein guter Bewusstseinszustand ist, möchte ich mich auf die Motivation hinter dieser Untersuchung konzentrieren. Warum würden wir überhaupt eine Frage stellen wie: Was ist ein wertvoller Bewusstseinszustand?

Die Antwort scheint ganz trivial: Das Leben eines jeden Menschen besteht aus einer Reihe von Bewusstseinszuständen. Daher könnte die Frage auch formuliert werden als: In welchen Bewusstseinszuständen möchte ich mein Leben primär leben? Welche Zustände machen ein lebenswertes Leben aus? Welche Bewusstseinszustände sind für eine Gesellschaft erstrebenswert?

Letztlich steckt hinter diesen Fragen eine der größten philosophischen Fragen aller Zeiten: Was ist ein gutes Leben?

Die Fokussierung auf Bewusstseinszustände mag die Frage, was ein gutes Leben ist, konkreter und greifbarer machen, wodurch sie leichter zu beantworten ist.

Viele Menschen werden sagen, dass sie in ihrem Leben nicht leiden wollen. Dennoch kann man mit Fug und Recht behaupten, dass alle Menschen zuweilen leiden. Wenn mehr darüber bekannt ist, welche Bewusstseinszustände Leiden verursachen, können diese Zustände besser vermieden werden. Wenn man auch mehr über die Zustände weiß, die Leiden verhindern, können diese Zustände von mehr Menschen kultiviert werden. Um die praktische Relevanz dieser Perspektive zu verdeutlichen, betrachten wir das folgende Beispiel aus der Forschung zur psychischen Gesundheit.

Es versteht sich von selbst, dass Zustände, die zu gewalttätigem Verhalten führen, Leiden verursachen. Aber Menschen können auch in Abwesenheit von (gewalttätigen) Handlungen anderer Menschen leiden. Eine sehr einfache Interpretation des Leidens und seiner Linderung soll hier vorgestellt werden.6

Viele Formen des Leidens können aus dem Widerstand gegen negative Gefühle wie Trauer, Schmerz oder Unzulänglichkeit entstehen. Sobald der Widerstand überwunden ist und das Individuum sich den unveränderlichen Tatsachen oder negativen Gefühlen stellt und diese akzeptiert, kann das Leiden verringert werden.

Diese Interpretation ist nicht für alle Formen des Leidens geeignet, aber viele Forscher auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie haben ihr Anerkennung gezollt.7 Einige dieser Forscher haben vorgeschlagen, dass “Akzeptanz” als ein Schlüsselfaktor bei der Behandlung von psychischen Krankheiten wie Depressionen betrachtet werden sollte.8 Dies kann unter anderem die Akzeptanz von herausfordernden Aspekten des Lebens (z.B. Sterblichkeit), die Akzeptanz der eigenen Gefühle oder die Akzeptanz des eigenen Charakters umfassen.

Der Zustand des “Loslassens”, “Annehmens” oder “sich dem Leben hingeben” kann also ein Beispiel dafür sein, wie die Anwendung von Bewusstseinskultur funktioniert. Es kann untersucht werden, welche Bewusstseinszustände Leiden verursachen und welche Zustände Leiden verhindern. Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine Form des Leidens durch Zustände der Vermeidung und des Widerstands verursacht wird. Wenn Sie also ein Leben mit weniger Leiden führen wollen, können Sie sich entscheiden, Zustände zu kultivieren, die von Akzeptanz unveränderlicher Tatsachen und der Annahme der eigenen Emotionen geprägt sind, anstatt Zustände zu wählen, die aus Vermeidung oder Widerstand bestehen (sehr wahrscheinlich beginnt nach dieser Entscheidung ein längerer Lernprozess, um diese Entscheidung wirklich umzusetzen. Mehr dazu in den nächsten Kapiteln).

Entscheidungsfindung

Sobald ein Individuum entschieden hat, welche Art von Zuständen wertvoll sind, ist ein noch wichtigerer Schritt erforderlich: Im Einklang mit dieser Entscheidung zu handeln. Bewusstseinskultur, d.h. die systematische Kultivierung wertvoller Bewusstseinszustände, kann nur durch das Treffen von Entscheidungen und deren Umsetzung realisiert werden.9 Während wir uns entscheiden, welche Bewusstseinszustände wir erleben möchten, entscheiden wir uns gleichzeitig gegen andere Zustände.

Durch Reflexion kann der Mensch kontinuierlich seinen aktuellen Bewusstseinszustand erkennen und danach streben, ihn in einen möglichst wertvollen Zustand zu verändern. Dies sollte jedoch nicht mit einem Verhalten verwechselt werden, bei dem zwanghaft versucht wird, positive Gefühle zu erzeugen.

Entscheidungen sind zielgerichtete Handlungen, die den Bewusstseinszustand beeinflussen. Ob dieser Einfluss positiv oder negativ ist, hängt vom Individuum ab. Das Wort Entscheidung (griechisch: krisis) wurde ursprünglich verwendet, um das Urteil des Richters über Recht und Unrecht zu beschreiben.10 Für die eigenen Bewusstseinszustände hat der Mensch die gleiche Verantwortung wie ein Richter vor Gericht, der dafür verantwortlich ist, gerechte Entscheidungen zu treffen.

Dies erfordert eine ethische und verantwortungsvolle Haltung gegenüber den eigenen Bewusstseinszuständen. Indem das Individuum sich für seine eigenen Bewusstseinszustände verantwortlich fühlt, kann es auch bereit sein, destruktiven Bewusstseinszuständen entgegen zu wirken.

Entscheidungskraft und ethische Reflexion sind die menschlichen Fähigkeiten, die den zweiten wichtigen Schritt im Rahmen der Bewusstseinskultur ausmachen. Hier muss der Mensch seine eigene Macht erkennen und die eigenen Bewusstseinszustände in eine für ihn und andere ethische Richtung lenken zu können. Die Übernahme von Verantwortung für die eigenen Bewusstseinszustände ist der Ausgangspunkt, um in Zukunft konstruktivere Entscheidungen zu treffen.

Doch hier kann ein wichtiger Einwand angebracht werden: Die konstruktive Wahl eines wertvollen Bewusstseinszustandes kann selbst ein wertvoller Bewusstseinszustand sein. Somit wäre ein wertvoller Bewusstseinszustand notwendig, um sich für wertvolle Zustände entscheiden zu können (was einen Zirkelschluss darstellt). Dies impliziert, dass es unmöglich wäre, von destruktiven zu wertvollen Zuständen überzugehen.

Es ist zu beachten, dass im realen Leben der Unterschied zwischen wertvollen und destruktiven Zuständen weniger kategorisch, sondern eher graduell ist. Daher kann eine Reihe kleinerer Veränderungen des Bewusstseinszustandes ausreichen, um eine positive Veränderung zu bewirken. Voraussetzung dafür ist allerdings – und das ist entscheidend – dass ein gewisses Maß an Bewusstsein und Verantwortung gegenüber den eigenen Zuständen bereits vorhanden ist.11 Thomas Metzinger bezeichnet diese Voraussetzung als geistige Autonomie.12

Kultivierung

Entscheidungen sind Ereignisse. Entscheidungen bedeuten, dass eine (mentale) Handlung durchgeführt wurde, die den Bewusstseinszustand in einem Augenblick beeinflusst hat.
Im Gegensatz dazu ist bei der Kultivierung wünschenswerter Zustände der Zeitraum viel länger, und der Fokus liegt nicht auf der Veränderung, sondern auf dem “Halten” eines Bewusstseinszustandes. Kultivierung ist eine kontinuierliche Handlung, die die Absicht verfolgt, einen bestimmten Bewusstseinszustand in einen anhaltenden Zustand zu verwandeln.

Es ist jedoch absurd zu glauben, dass ein und derselbe Bewusstseinszustand überhaupt von längerer Dauer sein kann. Korrekter ausgedrückt müsste gesagt werden, dass die Kultivierung auf eine Klasse von ähnlichen Zuständen abzielt. Zum Beispiel sind viele Zustände denkbar, in denen der Mensch bewusst und achtsam ist, aber diese Zustände lassen sich dadurch unterscheiden, dass unterschiedliche Gefühle und Gedanken im Bewusstsein auftauchen. Solange der Mensch aber “achtsame Zustände” kultivieren möchte, würden alle diese Zustände in diese Kategorie fallen.

Ein berechtigter Einwand zu dieser Vorstellung von Kultivierung könnte sein, dass Kultivierung in Wirklichkeit aus vielen einzelnen Entscheidungen bestünde. Es ist z.B. unrealistisch anzunehmen, dass ein Mensch sich nur einmal entscheidet, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, und diesen Zustand von Verantwortung nach dieser einmaligen Entscheidung ununterbrochen kultiviert. Vielmehr bedarf es ständiger Entscheidungen, wieder in einen Zustand der Selbstverantwortung zurückzukehren, sobald der tatsächliche Zustand vom angestrebten Zustand abweicht.
Hier können Meta-Entscheidungen darüber, wie der Mensch leben möchte, sehr hilfreich sein. Langfristige Entscheidungen, die mit einer starken Commitment (Selbstverpflichtung) getroffen wurden, erleichtern das Kultivieren von Zuständen, die mit dieser Entscheidung im Einklang stehen.

Aber warum ergibt es Sinn, so viel Wert auf die Kultivierung zu legen? Warum sollte man sich die Mühe machen, einen bestimmten Bewusstseinszustand in einen anhaltenden Zustand umzuwandeln? Der im nächsten Abschnitt beschriebene Mechanismus wird hoffentlich eine Antwort auf diese Frage geben.

Der Begriff Neuroplastizität bezieht sich gewöhnlich auf mehrere Eigenschaften des Gehirns. Eine davon ist, dass sich die Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn ständig an die Aktivität anpassen – auch bei erwachsenen Gehirnen.13 Das Gehirn strukturiert sich ständig in Abhängigkeit von Erfahrungen und Gehirnaktivität um.

Auf der Ebene der einzelnen Neuronen funktioniert die Neuroplastizität so: “Befindet sich das Axon der Zelle A in ausreichender Nähe zu Zelle B und erregt diese regelmäßig immer wieder, findet in einer oder beiden Zellen ein Wachstumsprozess oder eine metabolische Veränderung statt, so dass die Effizienz, mit der Zelle A Zelle B erregt, erhöht wird.”

Aus diesem recht komplexen Postulat wurde die Hebbsche Lernregel gebildet: Neuronen, die zusammen feuern, verbinden bzw. verdrahten sich (Orig. „neurons that fire together, wire together“). Umgekehrt gilt dies auch: Neuronen, die weniger zusammen aktiviert werden, bauen ihre Verbindungen ab. Dies wird als aktivitätsabhängige Adaptation bezeichnet.

Die neuronale Aktivität wird teilweise durch menschliche Handlungen bestimmt: Unterschiedliche Handlungen und Bewusstseinszustände bewirken unterschiedliche Aktivitätsmuster. Der Mensch hat also teilweise Einfluss auf seine neuronale Aktivität und damit auch darauf, wie sich die Verbindungen im Gehirn anpassen.

Außerdem gilt: Je häufiger ein bestimmtes Aktivitätsmuster hervorgerufen wird, desto stärker werden die neuronalen Verbindungen, die diesen Zustand repräsentieren. Vereinfacht ausgedrückt: Ein bestimmter Bewusstseinszustand wird, wenn er wiederholt auftritt, zunehmend im Gehirn verankert.

Hat dieser Lerneffekt vielleicht auch Vorteile für den Umgang mit der conditio humana?

Implikationen

Es gibt in der Tat erste Hinweise darauf, dass bestimmte Meditationspraktiken einen langfristigen Einfluss auf die Gehirnstruktur und damit auch auf die Wahrnehmung eines Menschen haben.14 Wie ein Individuum die Welt wahrnimmt, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann durch Kultivierung bestimmter Zustände (und der damit verbundenen Veränderungen im Gehirn) beeinflusst werden.

Aber ist die gemessene Langzeitwirkung von Meditation auch auf andere Praktiken wie Akzeptanz und Verantwortung übertragbar?

Was wir über Neuroplastizität wissen, legt genau das nahe. Gleichwohl ist sehr wenig darüber bekannt, wie ein Zustand der Akzeptanz oder Verantwortung so kultiviert werden kann, dass ähnliche Effekte wie bei Meditation messbar sind. Auch eine praktische Schwierigkeit ist anzumerken: es ist einfach zu sagen, dass eine ‚akzeptierende Haltung gegenüber den eigenen Zuständen‘ kultiviert werden soll. Aber was bedeutet das eigentlich und wie funktioniert es?

Wie können Menschen lernen, bestimmte Bewusstseinszustände tatsächlich zu wählen und diese dann intentionell zu kultivieren?

Mindestens so sehr wie für Philosophen ist dies wohl auch eine Frage für Psychotherapeuten und Psychiater. Tatsächlich lassen sich bekannte Konzepte aus der achtsamkeitsbasierten Verhaltenstherapie15,16 auch als ‚Methoden zum Erreichen und Kultivieren wertvoller Bewusstseinszustände‘ bzw. als ‚Methoden zum Vermeiden destruktiver Bewusstseinszustände‘ beschreiben. Ein Beispiel aus der Verhaltenstherapie: „Die gesamte Behandlung ist darauf ausgerichtet, aus depressiven Grübelschleifen herauszukommen bzw. sich gar nicht erst darauf einzulassen.”

Hier wird die Verbindung zwischen individueller und kollektiver Ebene einer Bewusstseinskultur deutlich. Jeder Einzelne darf entscheiden, welche Zustände für ihn wertvoll sind, und darf diese Zustände eigenverantwortlich und für sich kultivieren. Gleichzeitig leben wir in einer vernetzten, verbundenen Welt: Menschen können sich gegenseitig bei der Kultivierung von wertvollen Bewusstseinszuständen behindern oder unterstützen. Darüber hinaus trägt jeder Einzelne zu einem gewissen Grad zur Qualität der Bewusstseinskultur der Gesellschaft bei.

Implikationen

Es gibt in der Tat erste Hinweise darauf, dass bestimmte Meditationspraktiken einen langfristigen Einfluss auf die Gehirnstruktur und damit auch auf die Wahrnehmung eines Menschen haben.14 Wie ein Individuum die Welt wahrnimmt, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann durch Kultivierung bestimmter Zustände (und der damit verbundenen Veränderungen im Gehirn) beeinflusst werden.

Aber ist die gemessene Langzeitwirkung von Meditation auch auf andere Praktiken wie Akzeptanz und Verantwortung übertragbar?

Was wir über Neuroplastizität wissen, legt genau das nahe. Gleichwohl ist sehr wenig darüber bekannt, wie ein Zustand der Akzeptanz oder Verantwortung so kultiviert werden kann, dass ähnliche Effekte wie bei Meditation messbar sind. Auch eine praktische Schwierigkeit ist anzumerken: es ist einfach zu sagen, dass eine ‚akzeptierende Haltung gegenüber den eigenen Zuständen‘ kultiviert werden soll. Aber was bedeutet das eigentlich und wie funktioniert es?

Wie können Menschen lernen, bestimmte Bewusstseinszustände tatsächlich zu wählen und diese dann intentionell zu kultivieren?

Mindestens so sehr wie für Philosophen ist dies wohl auch eine Frage für Psychotherapeuten und Psychiater. Tatsächlich lassen sich bekannte Konzepte aus der achtsamkeitsbasierten Verhaltenstherapie15,16 auch als ‚Methoden zum Erreichen und Kultivieren wertvoller Bewusstseinszustände‘ bzw. als ‚Methoden zum Vermeiden destruktiver Bewusstseinszustände‘ beschreiben. Ein Beispiel aus der Verhaltenstherapie: „Die gesamte Behandlung ist darauf ausgerichtet, aus depressiven Grübelschleifen herauszukommen bzw. sich gar nicht erst darauf einzulassen.”

Hier wird die Verbindung zwischen individueller und kollektiver Ebene einer Bewusstseinskultur deutlich. Jeder Einzelne darf entscheiden, welche Zustände für ihn wertvoll sind, und darf diese Zustände eigenverantwortlich und für sich kultivieren. Gleichzeitig leben wir in einer vernetzten, verbundenen Welt: Menschen können sich gegenseitig bei der Kultivierung von wertvollen Bewusstseinszuständen behindern oder unterstützen. Darüber hinaus trägt jeder Einzelne zu einem gewissen Grad zur Qualität der Bewusstseinskultur der Gesellschaft bei.

Kollektive Bewusstseinskultur

Neben der Arbeit von Therapeuten und Psychiatern gibt es auch andere Quellen der Unterstützung. Doch warum sollte das Individuum helfende Hände annehmen?

Es wurde bereits gesagt, dass Entscheidungen für wertvolle Bewusstseinszustände selbst wertvolle Zustände sind. Das liegt daran, dass ein gewisses Maß an Reflexion und Achtsamkeit erforderlich ist, um wertvolle Zustände gegenüber destruktiven Zuständen zu wählen. Einige Individuen besitzen diese Fähigkeiten jedoch (noch) nicht.

An dieser Stelle können Methoden wie Mentoring ins Spiel kommen. In der Terminologie dieser Arbeit kann Mentoring wie folgt beschrieben werden: Menschen, die bereits erfolgreich Bewusstseinskultur praktizieren, d.h. über die notwendige Erfahrung und Fähigkeiten verfügen, wertvolle Zustände systematisch zu kultivieren, unterstützen Menschen, die noch nicht über die notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen.

Mentoren leisten Hilfe zur Selbsthilfe und stellen Vorbilder dar, an denen sich Andere orientieren können. Mentees werden befähigt, wertvolle Zustände mit zunehmender Verantwortung selbst zu kultivieren.17

Neben gegenseitigen Unterstützungssystemen können auch andere Formen des interaktiven und praktischen Lernens hilfreich für die Kultivierung wertvoller Zustände sein. Dies würde auch dem zweiten Kriterium von Thomas Metzinger entsprechen (wertvolle Zustände sollten epistemischen Wert haben).
Ein Teil des Bildungsnetzwerks einer Bewusstseinskultur könnte aus Journal Clubs und Diskussionsgruppen bestehen, die sich auf die Erweiterung von Wissen aus dem Bereich der Gehirn- und Bewusstseinsforschung konzentrieren.

Tatsächlich sind der MIND Blog und auch das uniMIND Projekt aus genau jener Motivation heraus entstanden. Die MIND Foundation möchte soziale Räume und das unterstützende Netzwerk schaffen, um gemeinsam potentiell wertvolle Bewusstseinszustände zu erforschen und zu kultivieren.

Schön, dass Sie ein Teil davon sind!

Disclaimer: Dieser Blogpost wurde von Volontären übersetzt und editiert. Die Mitwirkenden repräsentieren nicht die MIND Foundation. Wenn Ihnen Fehler oder Unklarheiten auffallen, lassen Sie es uns bitte wissen – wir sind für jede Verbesserung dankbar (mailto:[email protected]). Wenn Sie unser Projekt zur Mehrsprachigkeit unterstützen wollen, kontaktieren Sie uns bitte um der MIND Blog Translation Group beizutreten!

Referenzen:

  1. Metzinger, Thomas. (2006).Der Begriff einer “Bewusstseinskultur.”(p. 1–16).

  2. Fink, Sascha Benjamin. (2018). Commentary: The Concept of a Bewusstseinskultur. Frontiers in Psychology, 9.
    https://doi.org/10.3389/fpsyg.2018.00732

  3. The Holy Bible, Matthew 7:12.

  4. Simply put, a state with epistemic value enables us to gain more knowledge, to learn about more aspects of ourselves and our environment. This state may be reached by having conversations, reading or listening to information, or through direct experience of certain valuable states.

  5. Metzinger, Thomas. (2009).Der Ego-Tunnel. Berlin: Berlin Verlag GmbH. (p. 327f.).

  6. Watts, R., Day, C., Krzanowski, J., Nutt, D., & Carhart-harris, R. (2017). Patients ’ Accounts of Increased “ Connectedness ” and “ Acceptance ” After Psilocybin for Depression.Journal of Humanistic Psychology,57(5), 520–564.https://doi.org/10.1177/0022167817709585

  7. ibid.

  8. ibid.

  9. Metzinger, Thomas. (2009).Der Ego-Tunnel. Berlin: Berlin Verlag GmbH. (p. 330f.).

  10. 10. Turnherr, Urs; Hügli, A. (2007).Lexikon Existenzialismus und Existenzphilosophie. Darmstadt: WBG. (p. 68).

  11. If this degree is not given, the person is dependent on support. How this can look like is explained in the sectionCollective Bewusstseinskultur.

  12. Mental autonomy is defined by Metzinger as “the ability to establish rules for one’s own mental behavior, to select explicit goals for mental action, the ability to lead rationally and, above all, to deliberately inhibit, suspend or terminate an ongoing mental process” in Metzinger, Thomas. (2015). M-Autonomy.Journal of Consciousness Studies,22,(11), (p.270–302).

  13. Menzel, R. (1996). Neuronale Plastizität, Lernen und Gedächtnis. In R. F. Dudel, Josef; Menzel, Randolf; Schmidt (Ed.),Neurowissenschaft. Berlin/Heidelberg/u.a., (p.497f.).

  14. Millière, R., Carhart-Harris, R. L., Roseman, L., Trautwein, F. M., & Berkovich-Ohana, A. (2018). Psychedelics, meditation, and self-consciousness.Frontiers in Psychology,9(SEP). doi.org/10.3389/fpsyg.2018.01475

  15. Wengenroth, M. (2016).Das Leben annehmen. Bern: Hogrefe.

  16. Teismann, T. et al. (2012).Kognitive Verhaltenstherapie depressiven Grübelns.

  17. Like it is done in theREBOUND Prevention Program.

  18. Teismann, T. et al. (2012).Kognitive Verhaltenstherapie depressiven Grübelns. Retrieved from weekly.cnbnews.com/news/article.html


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